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Chronisch-entzündliche Darmerkrankung – Behandlung mit Immunmodulatoren: Azathioprin bzw. 5-Mercaptopurin

Sehr geehrte liebe Patientin, sehr geehrter lieber Patient,

Sie leiden an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (M. Crohn oder Colitis ulcerosa).
Medikamente, die in der Therapie dieser Erkrankungen zum Einsatz kommen können, sind

  • Kortison (meist das „Prednisolon“)
  • Kortison-freie Entzündungshemmer: Mesalazin (z.B. Salofalk®, Pentasa®, Claversal®) oder Sulfasalazin (Azulfidine®)
  • Immunmodulatoren: Azathioprin (z.B. Imurek®) oder 5-Mercaptopurin (z.B. Puri-Nethol®)
  • Biologika / TNF-alpha-Hemmer: Infliximab (Remicade®), Adalimumab (Humira®) oder Certolizumab (Cimzia®)

Aktuell haben wir Ihnen eine Behandlung mit dem Immunmodulator

  • Azathioprin (z.B. Imurek®, Azathioprin®, Azafalk®)
  • 6-Mercaptopurin (z.B. Puri-Nethol®)

empfohlen und wollen Sie zu diesem Medikament informieren. Bitte lesen Sie sich zusätzlich zu dieser Information auch die aktuelle Fachinformation des Herstellers durch („Beipackzettel“).

Was sind Immunmodulatoren wie Azathioprin und 6-MP?

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen stellen im Grunde eine überschießende, unnormale Entzündungsreaktion des Darms dar. Ähnlich wie Kortison können Immunmodulatoren diese Entzündungsreaktion bremsen oder beseitigen. Viele Patienten profitieren von Kortison, benötigen es jedoch sehr häufig oder erleiden nach Reduzieren bzw. Absetzen des Kortisons einen Rückfall ihrer Entzündung. Da eine dauerhafte oder gehäufte Einnahme von Kortison zu unter Umständen unumkehrbaren Dauerschäden führen kann, kann es in solchen Fällen sinnvoll sein, statt Kortison Immunmodulatoren wie Azathioprin oder 6-Mercaptopurin anzuwenden. Diese Medikamente sollen Ihre Erkrankung langfristig verbessern und das Fortschreiten der Entzündung und die Zerstörung des Darmgewebes aufhalten.

Wie wird die Behandlung mit Azathioprin/6-MP durchgeführt ?

Azathioprin und 6-Mercaptopurin werden als Tabletten täglich eingenommen. Die Dosis richtet sich nach Ihrem Körpergewicht und beträgt für

  • Azathioprin 2-2,5 mg pro kg Körpergew. (bis Woche 3 „einschleichend“ nur 1 mg)
  • 6-Mercaptopurin 1-1,5 mg pro kg Körpergew. (bis Woche 3 „einschleichend“ nur 0,5 mg)

Bei etwa 10% der Bevölkerung ist ein für die Verarbeitung und Ausscheidung von Immunhemmern im Körper verantwortliches Enzym „TPMT“ vermindert, daher wird dieses Enzym vor Therapie-Start in einer Blutprobe bestimmt und die Dosis der Immunhemmer ggf. vermindert.
Manche Nebenwirkungen der Immunhemmer sind dosisabhängig, d.h. dass das Auftreten solcher Nebenwirkungen unter Umständen eine Dosis-Reduzierung erfordern kann.

Wann wirken die Immunmodulatoren Azathioprin/6-MP?

Die Behandlung mit Azathioprin oder 6-MP wirkt nicht sofort, sondern erst nach mehreren Wochen. Dies bedeutet, dass Immunmodulatoren für die Behandlung akuter Beschwerden ungeeignet sind. Manche Patienten verspüren bereits nach 6 Wochen eine Besserung ihrer Entzündung, meist wird die maximale Wirkung nach 12 Wochen erreicht, bei manchen Patienten kann es jedoch bis zu 6 Monate dauern, bis eine Wirkung durch Immunmodulatoren erreicht wird. D.h., man sollte die Therapie nicht zu früh wegen vermeintlicher Unwirksamkeit wieder beenden und es kann erforderlich sein, die Zeit bis zum Wirkungseintritt mit Kortison zu überbrücken, um die Entzündung zu kontrollieren.

Wie lange wird die Behandlung mit den Immunhemmern Azathioprin/6-MP durchgeführt?

Es ist notwendig, dass die Behandlung mit Azathioprin/6-MP langfristig erfolgt. Sie wirkt nur, wenn Sie Ihr Azathioprin/6-MP regelmäßig einnehmen. Die Behandlung muss auch dann fortgeführt werden, wenn es Ihnen besser geht. Sonst kann sich die Krankheit wieder verschlechtern. Über ein Absetzen von Azathioprin/6-MP entscheiden Sie zusammen mit uns.

Was passiert, wenn die Behandlung mit Azathioprin/6-MP nicht wirkt?

Erst nach ca. sechs Monaten kann man sicher beurteilen, ob die Wirkung von Azathioprin/6-MP ausbleibt. Wenn die Behandlung mit Azathioprin/6-MP nicht ausreichend wirkt, muss die Therapie ggf. geändert werden. Hierüber entscheiden sie gemeinsam mit uns. Nach Absetzen von Azathioprin/6-MP kann es unter Umständen zu einem Krankheitsschub kommen. Er lässt sich durch entsprechende Therapiemaßnahmen verhindern oder mildern.

Welche Nebenwirkungen oder Komplikationen einer Azathioprin-/6-MP-Therapie kann es geben?

Nach Beginn der Therapie kann es zum Auftreten grippeähnlicher Symptome mit erhöhter Temperatur, Kopf- oder Gliederschmerzen kommen. Bei einer Minderheit der Patienten kommt es recht schnell nach Einnahme zum Auftreten von Beschwerden im Bauch, die durch eine Entzündung der Leber oder der Bauchspeicheldrüse hervorgerufen werden: Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall können Symptome sein. Weiter kann es  - wie bei vielen Medikamenten -  zu allergischen Reaktionen mit Hautausschlägen oder Luftnot kommen.
Durch Veränderungen des Blutbildes werden Infektionen oder Blutungen möglich.
Gleich, welches Symptom Ihnen auffällt: stoppen Sie sofort die Einnahme und sprechen Sie uns an.
Bei längerer Einnahme von Azathioprin/6-MP kann die Infektanfälligkeit erhöht sein, d.h. sie sollten die empfohlenen Schutzimpfungen durchführen und uns bei Zeichen eines Infektes frühzeitig ansprechen. Selten treten Herzprobleme oder ein verstärkter Haarausfall auf.

Was müssen Sie während der Behandlung mit Azathioprin/6-MP besonders beachten?

Informieren Sie Ihren Arzt über alle Medikamente, die Sie ausser Azathioprin/6-MP einnehmen. Besonders vorsichtig müssen Sie sein bei Medikamenten gegen erhöhte Harnsäure oder Gicht. Dazu gehören z. B. Allopur®, Allopurinol®, Allopurinol-Teva®, Cellidrin®, Mephanol®, Uriconorm® und Zyloric®. Diese Medikamente enthalten Allopurinol. Sie sollten nicht mit Azathioprin/6-MP kombiniert werden. Es können schwere Nebenwirkungen auftreten. Falls Sie ein Allopurinolpräparat einnehmen, sprechen Sie uns bitte an. Auch bei der Einnahme von bestimmten Antibiotika und von Medikamenten gegen Herzschwäche oder Bluthochdruck kann es zu unerwünschten Wechselwirkungen kommen.

Grundsätzlich sollten sowohl Frauen als auch Männer unter einer Azathioprin-/6-MP- und bis zu 6 Monate nach Stopp einer solchen Therapie eine sichere Verhütung durchführen.
Im Falle eines Kinderwunsches oder des Auftretens einer Schwangerschaft ist ein Gespräch erforderlich, in dem Vor- und Nachteile einer Fortsetzung oder eines Absetzens in dieser Situation besprochen werden. Es sind inzwischen Hunderte von Schwangerschaften unter einer Therapie mit Azathioprin/6-MP beobachtet worden. Eine erhöhte Rate von Missbildungen wurde NICHT festgestellt. Auch die Einnahme von Azathioprin durch den Vater bei Zeugung scheint nicht mit einem wesentlichen Risiko verbunden zu sein, allerdings sollten Sie auch hierüber mit uns sprechen.

Azathioprin/6-MP gehen unter Umständen zwar zu einem sehr geringen Anteil in die Muttermilch über, jedoch muss vom Stillen nicht grundsätzlich abgeraten werden.
Während und bis zu drei Monate vor der Behandlung mit Azathioprin/6-MP sollten möglichst keine Impfungen mit "Lebendimpfstoffen" erfolgen. Dazu gehört NICHT die Grippeimpfung, sie ist im Gegenteil vor Beginn einer Therapie mit Immunmodulatoren sogar zu empfehlen.

Unter einer längerfristigen Azathioprin-Therapie ist eine etwas erhöhte Häufigkeit von Lymphomen beschrieben worden. Weiter treten Hautkrebserkrankungen („weisser Hautkrebs“) etwas häufiger auf, daher ist ein besonders aufmerksamer Sonnenschutz und die jährliche Vorstellung beim Hautarzt sinnvoll. Auch ist eine gewisse Zunahme von Gebärmutterhals-Krebserkrankungen bei Frauen berichtet worden, weshalb die Impfung junger Frauen und die jährliche frauenärztliche Krebsvorsorge bei allen Patientinnen empfohlen wird.
Sollte bei Ihnen eine Narkose erforderlich werden, informieren Sie den Narkose-Arzt unbedingt über Ihre Azathioprin-/6-MP-Therapie.

Welche Untersuchungen sind vor Beginn und während einer Azathioprin-/6-MP-Therapie erforderlich?

Vor Beginn der Therapie müssen vielleicht bislang nicht erkannte Erkrankungen ausgeschlossen werden. Hierbei handelt es sich insbesondere um Infektionskrankheiten (z.B. Tuberkulose, Virus-
Entzündungen der Leber). Weiter wird ein besonderes Enzym, „TPMT“, bestimmt, das bei einer Minderheit der Bevölkerung vermindert ist und dann zu verstärkten Nebenwirkungen einer Azathioprin-/6-MP-Therapie führen kann. Schliesslich wird Ihre Nierenfunktion getestet, da eine eingeschränkte Funktion eine Dosis-Reduzierung erforderlich machen würde. Bei Frauen sollte vor Therapiestart eine Schwangerschaft sicher ausgeschlossen sein.

Durch Blutuntersuchungen kann man nach Therapie-Start frühzeitig Veränderungen an der Leber oder an den Nieren feststellen. Das Blutbild zeigt einen Mangel an roten oder weißen Blutkörperchen oder an Blutplättchen. Auch eine Urinuntersuchung ist notwendig. Beim Auftreten von Nebenwirkungen können auch weitere Untersuchungen erforderlich sein.
Diese Blutuntersuchungen sollten nach Beginn der Behandlung nach 1, 2, 3, 4, 6, 8 und 12 Wochen, danach alle 4 – 12 Wochen durchgeführt werden.
Wenn Sie irgendwelche Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Einnahme von Azathioprin/6-MP bemerken, dann sollten Sie uns immer  unverzüglich informieren.

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